Sonntag, 8. April 2018

Unruhige Vorweihnachtszeit und jede Menge Leben in der Bude


Vorwort: Liebe Freunde 😊 Ich habe leider viel zu lange nichts mehr von mir per Blog hören lassen. Dafür möchte ich mich erst einmal entschuldigen. Dabei habe ich eigentlich Anfang Januar bereits einen Großteil eines neuen Berichts verfasst. Leider habe ich ihn nie publiziert. Nach der Abgabe meiner Masterarbeit, bin ich der Bitte einer Professorin, für die ich in der Vergangenheit gearbeitet habe, nachgekommen und habe ihr beim Schreiben einer Publikation geholfen. Quasi mit fließendem Übergang wurde ich dann auch noch Deutschlehrer für die mexikanischen Mitarbeiter bei einem deutschen Automobilzulieferer in Puebla. Das ganze hat mich ziemlich viel Zeit gekostet. Zwischenzeitlich durfte ich dann auch noch meine Familie für drei Wochen als Besuch in Mexiko empfangen. Alles in allem ist die Zeit förmlich an mir vorbei geflogen und ein frischer Blogeintrag ein wenig ins Hintertreffen geraten. Umso mehr möchte ich euch wieder auf den aktuellen Stand bringen und euch mit zwei neuen Artikeln über meine Zeit in Mexiko informieren. Der erste Artikel befasst sich inhaltlich insbesondere mit meinen Erfahrungen im Straßenkinderprojekt und ist größtenteils auf dem Stand von Januar. In kürze werde ich mich dann in einem weiteren Beitrag der Schönheit des Landes und kulturellen Eindrücken meinerseits widmen. Viel Spaß beim Lesen!

Die mexikanische Flagge als Weihnachtslichterdeko in der Innenstadt von Puebla.
Was bisher geschah (Stand: Januar)!

Endlich frei! Nachdem die letzten Wochen vor der Abgabe der Masterarbeit nochmal alles von mir abverlangt haben, konnte ich am 7. Dezember dieses Kapitel endlich abschließen. Die Tage nach der Abgabe waren nicht unbedingt stressfreier: Weihnachtsgeschenke besorgen, Urlaubsplanungen und insbesondere meine Jungs im Heim waren kurz vor den Ferien nochmal besonders anstrengend. Zufrieden und einigermaßen übermüdet, habe ich kurz vor Weihnachten dann auch meinen wohlverdienten zweiwöchigen Urlaub angetreten. Die freie Zeit habe ich genutzt um Puebla den Rücken zu kehren und die Vielfältigkeit des Landes per Rundreise kennen zu lernen. Eine tolle Zeit und notwendig, um mich von den Anstrengungen im Studiumendspurt und dem Jahr 2017 zu erholen. Natürlich verging die Zeit viel zu schnell und ich wäre gerne noch weiter gereist. Aber natürlich wollte ich auch zügig wieder zu meinen Jungs zurückkehren und hören, was sie so im Urlaub angestellt haben! 😏

Ab- und Zugänge auf beiden Seiten

Seit dem letzten Blog Eintrag hat sich einiges im Projekt verändert. Insbesondere in Sachen Mitarbeitern und Kindern im Haus gab es einiges an Ab- und Zuwanderung. Der langjährige Sportlehrer hat aus privaten Gründen entschieden, seine Arbeit bei JUCONI nicht fortzusetzen. Die Entscheidung kam relativ überraschend und sowohl einige Mitarbeiter und auch die Kinder wurden quasi vor vollendete Tatsachen gestellt. In einem Sitzkreis hat er uns seine Entscheidung unter Tränen dargelegt. Danach war er noch für 2-3 Stunden im Haus und hat sich von uns verabschiedet. Insbesondere für die Kids war das ein derber Schlag. Ich habe das insbesondere beim diensttägigen Tennis bemerkt. Zusammen mit dem neuen Sportlehrer und einer weiteren Begleitperson waren die Jungs deutlich unruhiger als sonst, haben viel weniger zugehört und ich habe mich teilweise überfordert gefühlt. Anders als der vorherige Sportlehrer hat der neue nicht mitgespielt, sondern erst einmal die Anweisung gehabt, sich das ganze von außen anzuschauen um die Kids und ihre Verhaltensweisen kennen zu lernen. Ich hatte alle Mühen die Jungs zu disziplinieren und unter Kontrolle zu haben: in solchen Situationen werden die Tennisschläger als Schlagwerkzeug missbraucht oder sie fliegen durch die Luft, wenn ein Junge frustriert ist. Das Aufstellen in einer Reihe klappt nicht mehr, es wird vorgedrängelt und geärgert. Als ich dann einen Jungen für 5 Minuten auf die Bank verbannen wollte, hat er nur noch das gemacht was er wollte.

In einem Gespräch mit meinem Chef hat dieser mir versuch zu erklären wie sich die Situation für die Jungs anfühlt. Ich sollte mir vorstellen ich würde in einer Firma arbeiten und mein bester Kollege wird entlassen und durch jemand anderen ersetzt. Er war immer pünktlich, zuverlässig und hat sehr gute Arbeit abgeliefert. Der ihn ersetzende neue Mitarbeiter ist nicht besser und es gibt eigentlich keine offensichtlichen Anzeichen, warum dieser Austausch stattgefunden hat. Ich wäre sauer auf meinen Boss und würde dem neuen Kollegen zunächst sicher auch nicht mit offenen Armen empfangen. Nach einigen Wochen hat sich das ganze natürlich jetzt immer mehr eingespielt und der neue Sportlehrer ist angekommen. Zum Abschluss des Jahres wurde dann auch noch ein kleines Tennisturnier unter den Jungs ausgetragen. Bis auf eine blutige Nase durch einen Faustschlag, Spielabbrüche weil die Regeln nicht verstanden wurden und die Jungs sich ungerecht behandelt gefühlt haben, sowie anderer kleinerer Disziplinlosigkeiten, verlief dies recht reibungslos und war ein schöner Jahresabschluss.

Mexikaner stehen auf Dekoration: Anlässlich der Graduierung eines Jungens wurde das gesamte Haus geschmückt.

Zum Ende des Jahres sind leider auch viele studentische Freiwillige gegangen, die bei JUCONI mitgearbeitet haben. Für Studierende in Mexiko ist es Pflicht, einen halbjährigen Sozialdienst während des Studiums abzuleisten. Ein großteil meines Freundeskreises in Puebla setzt sich aus den studentischen Bekanntschaften bei JUCONI zusammen, wodurch das ganze natürlich sehr schade für mich ist. Bis auf weiteres werden wohl auch keine neuen Freiwilligen dazu kommen. Das heißt, das neue Jahr wird wohl etwas anstrengender für mich 😉 Auch bei den Bewohnern hat es Veränderungen gegeben. Ein Junge hat sich nach mehr als drei Jahren für das Casa Jovenes „qualifiziert“. Für die Jungs, die nach ihrer Zeit im Casa JUCONI noch nicht bereit sind zu ihren Familien zurück zu kehren oder sich gar ein eigenes Leben aufzubauen, stellt dies eine Zwischenstufe dar. Die Jungs werden dort ebenfalls betreut, haben aber deutlich mehr Freiraum. Verlassen das Haus nach belieben und gehen teilweise einer Arbeit nach. Der Junge wurde nach einer so langen Zeit natürlich gebührend gefeiert und sein Abschied mit seiner Familie, vielen Mitarbeiter und natürlich den Kindern begangen. Das war schon ein besonderer Tag und ich habe den Jungen dann sogar mit in sein neues „Zuhause“ begleiten dürfen. Ein anderer Junge hat ebenfalls das Haus verlassen. Hier gab es keinen Abschied. Der Junge ist 16 Jahre alt und ein talentierter Fußballspieler. Er möchte Karriere machen, hat aber eigentlich ganz andere Probleme die er erst einmal in den Griff bekommen müsste. Nicht zuletzt leidet er unter Schizophrenie. Ohne sich zu verabschieden wurde uns mitgeteilt, dass er nicht zurückkommt. Auf der Weihnachtsfeier hat er sich dann blicken lassen. Das hat, glaube ich, viele von den Jungs gefreut. Die Weihnachtsfeier war auch eine tolle Gelegenheit ein paar von den Familien kennen zu lernen. Ein Junge der eigentlich immer sehr wild und unruhig ist, hat die ganze Zeit an seiner Mama geklebt und gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd. Das war toll anzusehen 😊

Ein dritter Junge ist zu seiner Mutter abgehauen. Nicht das erste mal, diesmal aber wohl für immer. Der Junge war extremer Außenseiter im Haus und wurde von den anderen gemobbt. Er hat sich selbst immer wieder mit Aktionen ins Abseits gespielt und hat alles abgelehnt um sich irgendwie in die Gruppe zu integrieren. Er ist förmlich dahin vegetiert. Selbst mit seinem letzten Kumpel und den Betreuer_innen im Haus hat er es sich verscherzt. Auch mich hat er mehrmals hintergangen und belogen. Obwohl er sich nur ein paar Tage vorher bei mir bedankt hat, dass ich immer für ihn da bin und einen Freund darstelle. Die Sache war ziemlich kompliziert und für mich auch nicht wirklich vollkommen durchschaubar. Im November und Dezember ist die Situation dann immer wieder eskaliert. Er hat Essen aus der Küche geklaut und sich im Schrank versteckt um es zu essen. Oder sich Süßigkeiten angeeignet die für alle gedacht waren. Das ganze hat sich für mich wie ein Schrei nach Aufmerksamkeit angefühlt. Auf Nachfrage wurde mir meistens nur bestätigt, dass der Fall des Jungens sehr komplex ist. Danke, das habe ich auch schon bemerkt! Einmal hat sich die Situation so hochgeschaukelt, dass auf einmal alle Jungs gleichzeitig auf ihn eingeprügelt und getreten haben. Wir hatten mit 3-4 Mitarbeitern alle Mühe die Jungs davon abzuhalten. Selbst als er „in Sicherheit war“ haben die Jungs ihm weiter Beleidigungen zugerufen. So lange, bis mir bei einem Jungen in dieser stressigen Situation die Hutschnur geplatzt ist. Als er mit (ein mit zuviel, bitte streichen)meinte, mit Hilfe der Imitation eines Maschinengewehrs den Tod aller Schwarzen zu fordern, bin ich auf ihn zugerannt, habe ihn mir gepackt und gegen die Wand gedrückt und ihn angeschrien, dass er nie wieder in seinem Leben so etwas sagen soll. Der Junge hatte richtig Schiss in den Augen und war noch nie so kleinlaut wie in dieser Situation. Mich selbst hat mein Verhalten zum Nachdenken gebracht. Insgesamt bin ich aber nicht unglücklich darüber, dass ich ihn so zurechtgewiesen habe. Der Junge selbst ist 10 Jahre alt. Hat keine Ahnung, was er da eigentlich von sich gegeben hat. Wenn sich solche Situationen abgekühlt haben, setzen wir uns in der Regel mit den Jungs zusammen und erklären ihnen, was für Gedankengut sie da gerade von sich geben.

Neben den drei Abgängen sind auch zwei bzw. mitlerweile drei neue Jungs ins Haus dazu gekommen. Ich finde es beindruckend wie schnell man Fortschritte und Veränderungen in Verhaltensweisen wahrnehmen kann. Aus anfänglichem Ungehorsam wird relativ schnell Respekt, auch wenn natürlich noch nicht alles reibungslos abläuft. Auch die Integration im Haus und die gegenseitige Akzeptanz unter den Jungs geht relativ schnell von statten. Irgendwie sind ja auch alle in der gleichen Situation und sind mit ähnlichen Voraussetzungen selber mal neu gewesen. Ich selber fühle mich auch immer mehr integriert. Zum einen weil sich mein Spanisch immer mehr verbessert, außerdem gewinne ich immer mehr Vertrauen bei den Jungs. Mehre haben mir jetzt schon gesagt, wie gern sie mich haben oder das ich ein guter Kumpel für sie bin. Solch nette Worte haben die Jungs nicht oft für jemanden übrig. Umso mehr Gewicht haben solche Aussagen dann natürlich.

Beim Eltern-Kind-Tag durfte ich einen Jungen dabei begleiten, seine Schulklasse neu zu streichen: Er hat mich dann kurzerhand verewigt.

Top die Wette gilt
 
Mit einem 15-jährigen Jungen habe ich mittlerweile eine besonders enge Beziehung. Eines Tages meinte er zu mir: „Für mich ist es nicht normal mit Erwachsenen zu spielen. Das kannte ich nicht.“ Der Junge hat keine Eltern mehr und für ein Jahr auf der Straße gelebt. Ich war total froh als er mir das aus freien Stücken erzählt hat. Mit der Zeit erzählt er mir immer mehr und ich frage ab und zu kleinere Dinge zu seiner Vergangenheit nach. Wir reden über Selbstmordgedanken die er hatte oder über Schlafprobleme weil er soviel über sein Leben nachgrübelt. Ihm fehlen Teile der Schneidezähne weil er sich in der Vergangenheit auf der Straße geprügelt hat. Um zu essen, hat er geklaut wenn es nicht anders möglich war. Zum Glück hat seine Goßmutter mit JUCONI eine Unterkunft für ihn gefunden.

Nachdem Abgang des Fußballtalents, merkt man, wie er die Rolle des „Anführer“ im Haus übernehmen wollte und wie er sich zunehmend mit den Mitarbeitern solidarisieren wollte. Als einer der Ältesten hat er aber auch ein besonderes Standing im Haus. In einigen Situationen, wenn jemand ausrastete, wurde er dazu gerufen, da er als beruhigendes Bindeglied zwischen Betreuern und den Kids wirkte. Er ist /war eben einer von Ihnen. Das finde ich oft beeindruckend. Über den gleichen Jungen habe ich im ersten Blogeintrag noch berichtet wie er extrem ausgerastet ist und kaum zu kontrollieren war.  So nah liegen Rationalität und unkontrollierbare Emotionen zusammen. Er hat mich auch mal gefragt, ob ich seinen Ausraster mitbekommen habe. Das war ihm im Nachhinein augenscheinlich etwas peinlich. In der letzten Woche vor den Weihnachtsferien hat er mich gefragt ob ich ihm beim Abwaschen helfe: „Was bekomm ich dafür? ... Ok, ich hab ne Idee. Du bist der Weltmeister der Schimpfworte! Wenn ich dir helfe, darfst du eine Woche lang keine Beleidigung sagen. Falls doch suchen wir dir  eine umso größere Putzaufgabe.“ Deal! Ich weiß nicht mehr genau ob es ein oder zwei Tage waren die ich ihn kein Schmimpfwort hab sagen hören. Aber ich habe leider gewonnen. War trotzdem eine witzige Wette 😄

Für die Jungs wohl der wichtigste Ort im Casa JUCONI. Der eigene Fußballplatz!

Starker Abschied

Wie beschrieben waren die letzten Tage vor den Weihnachtsferien dann nochmal besonders anstrengend. Am letzten Tag vor meinem Urlaub meinten einige Jungs dann auch überhaupt nicht mehr auf mich hören zu müssen. Auf dem Sofa sitzend ärgerten sie sich gegenseitig uunaufhörlich oder und drehten die Musik lauter, nachdem ich sie kurz vorher leiser gemacht hatte. Mit einem eigentlich nicht zum Erziehungsrepertoir gehörenden Schlag auf den Oberschenkel von zwei bis drei Jungs, die ich erwischen konnte, zog ich dann die ganze Aufmerksam auf mich: "Du darfst uns nicht hauen." Schallte es mir entgegen. Schnell wurde eine Erzieherin herangerufen und sich mit Protest gegenüber meiner Aktion beschwert. Kurz ging mir die Pumpe. Hab ich überreagiert. Ist das schon Gewalt? Etwas vor dem die Jungs ja eigentlich von uns geschützt werden müssen? Ich bekam direkt viel Rückendeckung und Verständnis, insbesondere von den Jungs die mit im Raum waren und weniger beteiligt waren: "War doch klar das Stefan irgendwann der Kragen platzt, wenn niemand auf ihn hört." Die Situation entspannte sich schnell. Wir setzten uns zusammen, redeten über die Situation. Ich fragte den Hauptübeltäter auch, was er denkt, wie sehr ich mich wieder auf das Haus und die Jungs freue, wenn ich zurück komme und soetwas die letzten Erinnerungen vor den Ferien ist. Das ganze hat sich mitlerweile zu einem positiven Schlüsselmoment zwischen dem Jungen und mir entwickelt. Er entschuldigte sich am selben Tag noch sehr ausgiebig. Gab mir Spielzeugautos mit in den Urlaub damit mir nicht langweilig wird bzw. ich an ihn denke. Und am Ende des Tages verabschiedete er mich mehrmals mit: "Te quiero mucho Estefan."

Schlussendlich fiel mit der zweiwöchige Abschied dann doch deutlich schwerer, als Gedacht. Vor allem, als ich den Jungs zum Dienstende hin "Tschüss" sagen wollte. Dies wussten sie mit aller Kraft zu verhindern. Schnell waren die stärksten Jungs zusammengerufen um mich davon abzuhalten, meinen Urlaub anzutreten. Als die gleiche Betreuerin von der vorherigen Situation darauf aufmerksam wurde, war sie erst kurz geschockt, bis ihr klar wurde, dass die Jungs mir eigentlich grade nur das größte Kompliment seit meiner Zeit bei JUCONI machten. Lachend lagen wir uns in alle in den Armen. Einer meiner prägendsten Momente während meiner Zeit hier.

Tatort Fernsehraum: Hier sollte ich mit aller Kraft davon abgehalten werden meinen wohlverdienten Urlaub anzutreten.

Insgesamt würde ich mein Projekt nicht hergeben. Die Zeit mit den Jungs und das was ich so erleben durfte, ist schon alles sehr spannend und unersetzlich. Nach jetzt mehr als einem halben Jahr (Stand April) merke ich aber auch, dass die immer gleichen Abläufe, damit die Jungs Routinen in ihr Leben bekommen, langsam anstrengend und manchmal langweilig werden. Hinzukommt, dass ich bisher nicht so viele Einblicke in weitere Projekte der Fundation und viele Hintergründe zu Methoden bekommen habe, die mich interessieren. Der Lerneffekt meinerseits steht für JUCONI nicht so im Vordergrund. Wenn ich auf meinen Chef zugehe und ihm bitte mir Dinge genauer zu erläutern, dann finden wir auch meistens eine Gelegenheit. Ich habe aber ständig das Gefühl, dass so etwas eher eine Zusatzaufgabe für ihn darstellt und er eigentlich nicht die Zeit dafür hat. Das enttäuscht mich leider etwas und entspricht nicht ganz meinen Vorstellungen eines Volontariats der als Lerndienst gedacht ist. Natürlich bin ich auch durch meine akademische Ausbildung etwas anderes gewohnt und mit meiner Situation auch nicht alleine. Sowohl von den anderen Freiwilligen aus Deutschland, als auch von den mexikanischen Sozialdienstleistenden höre ich ähnliche Erfahrungswerte. Hinzu kommen natürlich immer auch Sprachbarrieren bzw. die Schwierigkeit für einige Mexikaner_innen, sich Gegenüber nicht Muttersprachlern, mit einer einfachen Sprache auszudrücken. Hierzu und zu vielem Anderen, aber in kürze mehr. 😉


Sonntag, 15. Oktober 2017

Erste Eindrücke aus Mexiko: Meine Familie, die Jungs und die Erdbeben.


Die Idee, das Projekt und der Weg dahin

Ahhhh, ich bin doch noch gar nicht soweit, aber zum Glück geht es endlich los! Was noch während meiner Zeit in Südkorea im Frühjahr 2016 aus der Idee eines Kurzzeit-Volontariats in Asien entsprang, hat sich nach einem voll gepackten Jahr voller Anstrengungen, Planung und Vorbereitung zu einem ausgewachsenen Freiwilligendienst in Mexiko gemausert: Direkt nach dem Masterstudium ein Jahr in Puebla in einem Straßenkinderprojekt arbeiten, tausende neue Eindrücke sammeln, die spanische Sprache sowie die mexikanische Kultur kennen lernen und natürlich erst einmal was anderes machen, bevor das Berufsleben losgeht. Besser geht’s nicht! Wäre man denn dann mal auch wirklich fertig mit dem Studium ... grummel. Aber fangen wir vielleicht nochmal kurz vorne an:

Die Idee, nach Mexiko zu gehen, kam nicht von ungefähr. Zahlreiche neue mexikanische Freundschaften in Südkorea entfachten mein Interesse für das lateinamerikanische Land am anderen Ende der Welt. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass verschiedene Organisationen mit der Unterstützung des weltwärts-Programms Freiwillige nach Mexiko entsenden. Das passende Projekt und das Badische Rote Kreuz als Endsenderorganisation waren schnell gefunden. Nach meiner Bewerbung Anfang September 2016 wurde ich Ende Oktober zum Bewerbertag nach Freiburg eingeladen, um zwei Wochen später die Zusage für mein favorisiertes Projekt JUCONI zu erhalten.¡Arriba! 😊

Ab diesem Zeitpunkt fing das Organisieren und insbesondere Spendensammeln an. Unzählige Briefe an Vereine, Organisationen und Unternehmen als potenzielle Unterstützer blieben leider erfolglos und oft sogar unbeantwortet. Frustrierend! Umso beeindruckter bin ich über die Summe der Spenden, die ich in meinem Freundeskreis, in der Nachbarschaft und in meiner Familie sammeln konnte. Der aktuelle Spendenstand von insgesamt 825,15 € bedeutet nicht nur, dass ihr mich bereits mit einem Drittel der notwendigen Summe zur Finanzierung des Jahres unterstützt, sondern er ist auch Ausdruck eines unheimlichen Vertrauens in mich und meine Arbeit hier. Nochmals vielen, vielen Dank an all die lieben Spender_innen! Über weitere Unterstützung zur notwendigen Sicherung der Finanzierung meines Engagements freue ich mich natürlich irrsinnig. 😊

Meine Ankunft in Mexiko

Am 26. August ging es dann endlich los von Deutschland nach Mexiko. Nachdem ich noch kurzzeitig um mein Visum bangen durfte, hielt ich es dann doch noch gerade so rechtzeitig zwei Tage vor Abflug in den Händen. Die zwei Wochen Vorbereitungsseminar, die durch das Rote Kreuz auf all die unterschiedlichen Facetten meines Auslandsaufenthaltes (Kultur, Gefahren, persönliche Krisen etc.) vorbereiten sollten, waren also nicht umsonst. Nach einem entspannten 13-Stunden-Flug landete ich zusammen mit den anderen zwölf Freiwilligen wohlauf in Mexiko Stadt, von wo es mit dem super komfortablen Überlandbus (die erste Klasse der Deutschen Bahn kann einpacken) nach Puebla ging.

Ich vor dem Teatro Principal und einem von mehreren über die Stadt verteilten Puebla-Aufstellern (klick zum vergrößern).

Wie alle anderen Freiwilligen lebe ich das kommende Jahr über bei einer Gastfamilie: Lydia und Rogelio hatten schon vor meiner Anreise per Mail Kontakt zu mir aufgenommen und Fotos mit mir ausgetauscht. Ein junges verheiratetes Paar mit zwei Hunden, dass in der Nähe meiner Arbeitsstelle lebt. Was mich so richtig erwartet, konnte ich zu dem Zeitpunkt aber noch nicht einschätzen. Nach nur einem Semester Spanischunterricht an der Uni gab es auch einfach noch nicht so richtig viele Themen, die ich vorher anschneiden konnte. 😃 Am Busbahnhof in Puebla angekommen erspähte ich Rogelio dann sofort. Ein wenig wortkarg begrüßten wir uns. Etwas schüchtern, aber auch einfach super erschöpft und müde nach insgesamt 30 Stunden Reise, fuhren wir dann Richtung neuer Heimat: „Quieres Tacos?“ „Si!“. Soviel verstand ich dann doch noch und so durfte ich das erste mal in meinem Leben einen richtigen mexikanischen Taco verspeisen. ¡Que Chido! – wie geil! ;-)

Mi Familia Mexicana: Lydia und Rogelio 😍
Die wortkargen ersten Minuten wurden dann aber rasch durch ausgiebige Gespräche mit Händen, Füßen, aber vor allem meinem sich stetig verbessernden Spanisch ersetzt. Wer würde auch anderes von mir Quasselstrippe erwarten? 😀 Nach 3 Tagen hatte ich das Gefühl, ich habe soviel gelernt wie während des gesamten Sprachkurses. Besonders mit Rogelio – der studierter Linguist ist – hatte ich von Anfang an keine Kommunikationsprobleme. Zum einen hat er schnell herausgefunden, wie er mit mir reden kann oder wie er Dinge erklären kann, damit ich sie verstehe. Vor allem aber weil ich mit meinen Gasteltern bzw. wohl eher Gastfreunden einen 6er im Lotto gezogen habe: Wir teilen absolut den gleichen Humor, lachen super viel zusammen und ich werde komplett ihn ihrem Alltag integriert. Besonders in den ersten Wochen haben wir eigentlich jeden Tag zusammen etwas unternommen. Ich habe Familie und Freunde der beiden kennengelernt und fühle mich pudelwohl. Nach nur kurzer Zeit habe ich mich schon wie ein vollwertiges Mitglied der Familie gefühlt. Auch meine Position als Gastsohn, der eigentlich Kumpel oder Mitbewohner ist, ist irgendwie witzig und macht unheimlich Spaß. Zum einen albern wir herum, auf der anderen Seite machen sich die beiden schon Sorgen um mich und haben langsam versucht, mich an Mexiko heranzuführen.


Rogelio, der Kasper, vor unserem Haus.
Mein Zimmer mit einer etwas gewöhnungsbedürftigen Deko.

Die Sicherheitslage im Land

In einem Land mit ziemlich vielen Sicherheitsproblemen und Gebieten, die man lieber nicht betritt, mussten sie den kleinen naiven Stefan das ein oder andere mal etwas bremsen und über die Gefahren unterrichten, in die ich mich begebe. Vieles habe ich schon im Vorfeld in den Vorbereitungsseminaren erfahren. Ich laufe nur mit kleinen Geldsummen und Kopien meiner Dokumente herum. Nachts bewege ich mich quasi kaum noch auf den Straßen, höchstens zusammen mit einer Gruppe Mexikaner_innen. Generell habe ich meine Aufmerksamkeit für alles, was in der Öffentlichkeit um mich herum passiert, um gefühlt 1000% gesteigert. Nach Einbruch der Dunkelheit sieht man kaum noch Menschen in den Bussen. Taxis von der Straße nehme ich auch nicht. Die sind zu unsicher und könnten sich zu meinem Nachteil als Betrug herausstellen. Nicht im Sinne von erhöhten Fahrpreisen, die meine Geldbörse etwas mehr als gewöhnlich erleichtern, eher weil man z.B. Opfer einer sogenannten Express-Entführung werden kann. So hört man hier allerlei Geschichten, dass man z.B. in solch einem Fall erpresst und von Bankomat zu Bankomat gefahren wird. Die Kreditkarte wird dann solange erleichtert, bis sie leer ist. Danach wird man dann wieder freigelassen. Das ist natürlich ein Extrembeispiel, dennoch hört man fast von jedem, den man hier kennen lernt, solche Geschichten. Man passt sich also den Gegebenheiten an und lernt quasi neu, wie man sich in außerhalb der eigenen Wohnung zu bewegen hat. 

Natürlich muss ich mich nicht ab halb sieben Abends in mein Bett verkrümeln und schmollen. 😉 Man sollte die Hinweise ernst nehmen, aber ich gehe hier nicht mit Panik oder einem beklemmenden Gefühl aus dem mit Gittern vor den Fenstern „verzierten“ Haus. Wer hier mal im Dunkeln weg möchte oder nachhause kommt, nimmt ein „Uber“. Uber ist quasi eine Art Taxi, dass über das Handy bestellt werden kann. Die Fahrer sind registriert, haben ein sauberes Führungszeugnis und fahren ihre eigenen, maximal 5 Jahre alten Autos durch die Stadt. Die gesamte Strecke wird über GPS aufgezeichnet. Zudem ist das ganze deutlich günstiger als ein Taxi. 😉


Meine Arbeit und der Alltag bei JUCONI

Meine Strecke zur Arbeit kann ich zum Glück zu Fuß zurücklegen. In nur 5 Minuten erreiche ich das Casa JUCONI, das Kinderheim in dem ich arbeite. Dort bin ich seit  gut 7 Wochen einer von unzähligen Betreuern, die sich 24 Stunden um 19 Jungs im Alter zwischen 8 und 17 Jahren kümmern. Die Kinder stammen aus Familien, in denen das vorherrschende Mittel zur Erziehung verbale und physische Gewalt war. Durch diese Erfahrungen sind sie natürlich geprägt und neigen selbst dazu, viele Situationen mit Beleidigungen, körperlicher Gewalt und Aggressionen zu „lösen“. Zudem haben sie zum Großteil einen großen Bildungsrückstand, Konzentrationsprobleme und sind teilweise nicht mal in der Lage zur „Sonderschule“ zu gehen.

Insgesamt bin ich aber überrascht, wie divers die Verhaltensweisen der Jungs teilweise sind. Man merkt ganz deutlich, wie die Kids im Kinderheim durch Routinen und verschiedene Methoden diszipliniert werden. Sie sind teilweise super höflich, sind füreinander da und sind super rational, wenn es zu einer explosiven Situation kommt, bei der sie nicht unmittelbar involviert sind. Auf der anderen Seite provozieren sie sich oft gegenseitig so lange, bis die Situation ausartet und in einer Prügelei endet. Um das Ganze zu verbildlichen, will ich mal das Haus und einen typischen Tagesablauf beschreiben:

Ab 9 Uhr morgens betrete ich das Haus. Eine große Halle ist das Zentrum des Casa und ist der Zugang zu allen Räumen. Hier werde ich meistens schon von ein paar Jungs per Handschlag oder per Umarmung empfangen. Im Erdgeschoss befindet sich ein Klassenraum, eine Küche mit Essensraum, ein Saal mit Sofas, Büchern und einem Fernseher, ein Raum zum „Relaxen“ in dem sich die Kids austoben können, wenn sie mal austicken, einen Raum mit Sportausrüstung, ein Arztzimmer, ein Büro und Toiletten. In der zweiten Etage haben die Kids ihre Zimmer. Vier bis sechs Jungs teilen sich einen Schlafraum die jeweils mit Stockbetten ausgestattet sind. Jeder hat einen kleinen Spind für seine wenigen privaten Dinge, wie Anziehsachen und Fotos. Nachts sind zwei Betreuer im Haus, die ebenfalls in zwei der Zimmer übernachten. Zudem gibt es einen Therapieraum, das Computerzimmer, Bäder und ein weiteres Büro. Draußen befindet sich zudem ein kleiner Garten und ein Fußballplatz. Vermutlich der wichtigste Ort für die Jungs!

Meistens höre ich schon draußen vor meiner Ankunft wie die Kids voller Enthusiasmus auf dem Platz bolzen und rumgrölen. Ein Betreuer meinte letztens zu mir: Wenn du Spaß an Fußball hast und mitspielst, hast du schon halb ihren Respekt gewonnen. Fußball bedeutet viel für die Jungs. Morgens gehört es zur gemeinsamen Routine, auf dem Platz zu stehen. Durchschnittlich bin ich ca. 2 Stunden täglich mit ihnen draußen am Kicken. Natürlich birgt das Bolzen auch genügend Potenzial um auszuticken. Ein Junge schießt aufs Tor und aus Versehen ins Gesicht eines anderen. Alle lachen. Der getroffene Junge muss sich natürlich revanchieren und nimmt den Ball und versucht den „Täter“ abzuschießen. Das Ganze endet nicht zu selten in einer Schlägerei oder mindestens damit, dass auf einmal jeder der Jungs meint, er müsste ohne Rücksicht auf Verluste voller Kraft den Ball irgendwie über den Platz jagen. Bricht man dann die Einheit ab, darf man dann darauf hoffen und warten, dass alle einsehen, dass wir lieber reingehen um uns etwas Fahrt raus zu nehmen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Vorkommnisse auf dem Platz den ganzen Tag prägen. Bleibt es morgens ruhig bzw. waren die Kids nicht schon vor dem Spielen angespannt, begegne ich einem etwas entspannteren Arbeitstag, mit weniger Explosionspotenzial.

Nach dem Kicken geht’s in unseren kleinen Klassenraum. Dort werden die Kids entweder zu verschiedenen Themen unterrichtet, erledigen Einzelaufgaben oder werden bei ihren Hausaufgaben unterstützt. Das Ganze gleicht aber natürlich nicht einem normalen Schulunterricht. Die Jungs lenken sich ständig gegenseitig ab, klauen sich irgendwelche Gegenstände, treten oder hauen sich mehr oder weniger offensichtlich oder verweigern den Unterricht komplett. Ein Beispiel: Gestern habe ich erst einmal 5-10 Minuten gebraucht, um den Jüngsten davon zu überzeugen, sich auf einen Stuhl an den Tisch zu setzen. Da er seine Augen nicht offen halten konnte, bin ich mit ihm zum Waschbecken. Hier hat es weitere 5 Minuten gedauert, bis er sich nicht mehr geweigert hat, sich ein bisschen Wasser ins Gesicht zu spritzen, damit er nicht mehr so müde ist. Der Junge hat mir dann gesagt, dass er seine Eltern vermisst. Kein Wunder: der Zwerg ist 8 Jahre alt und erst seit 4-5 Wochen im Haus. Der Junge ist mit Narben übersäht, die größte den gesamten Hals entlang. Als er ins Haus kam, hatte er eine Stelle am Kopf kahlrasiert, weil er dort eine größere Wunde hatte. Ich kenne die Umstände nicht und der Junge ist eigentlich ziemlich albern und fröhlich. Aber natürlich sind das Haus und die älteren Jungs auch nicht leicht für ihn, da er immer was auf den Deckel bekommt. 

Als wir zurück im Klassenraum waren, haben sich dann zwei andere Jungs so lange provoziert, bis der eine freiwillig in den Raum zum Relaxen gegangen ist. Eigentlich ist der Raum für ein Kind gedacht, dass dieses sich dort austoben kann. Zu dem Zeitpunkt war der Raum aber schon von einem anderen Jungen belegt, der sich weigerte, am Unterricht teilzunehmen und sich dort schlafen gelegt hatte. Der zweite Beteiligte aus dem Streit war wohl auch noch nicht ganz kühl im Kopf, sodass er sich im Klassenraum zu einer Schlägerei mit einem anderen Jungen hinreißen ließ. Das Ganze endete in Tränen bei dem Jungen und damit, dass wir uns zum Entspannen nach draußen begeben haben: der Raum zum Relaxen war ja schon doppelt belegt. Draußen angekommen trafen wir einen anderen Unterrichtsverweigerer an, der meinte, er müsste auf das Dach des Hauses klettern und den Müll herunter werfen, den er dort gefunden hat. Schnell entwickelte sich das Ganze in ein freudiges Hin- und Herwerfen und der Stress aus dem Klassenraum war vergessen. Ich habe mir dann Hilfe von einer anderen Betreuerin geholt. Als diese ankam, war der Junge schon wieder vom Dach runter und der andere Junge wieder sauer, weil er zurecht gewiesen wurde. Als die Betreuerin wieder weg war, stand der erste Junge schon wieder auf dem Dach... Die kleinen Nervensägen 😃

Der Unterricht endet nach ca. einer Stunde. Viel gelernt wurde insgesamt leider eher nicht und die Konzentration wird mit der Zeit auch nicht unbedingt besser. Nach einem gemeinsamen Snack in der Küche ging es also wieder auf den Sportplatz. Zum Glück blieb es ruhig. Wenn es um Teambildung, die Einhaltung der Regeln auf dem Feld und Gerechtigkeit über Entscheidungen geht, nehmen die Jungs ihr Hobby sehr ernst. Wenn ich z.B. mal bei einem unabsichtlichen Handspiel aus Spaß auf Freistoß plädiere, sehe ich mich einem Sturm der Entrüstung und Unverständnis über meine Entscheidung gegenübergestellt. Alternativ zum Fußball haben die Jungs besonders großen Spaß am Schachspielen. Man kann nicht gerade sagen, dass sie sehr umsichtig mit ihrem riesigen Holzschachspiel umgehen. Einerseits lieben sie es innig, andererseits scheuen sie sich auch nicht, die Spielfiguren durch den Raum zu pfeffern oder mit ihrem Körpergewicht über das unstabile Brett zu latschen und nehmen es dabei  in Kauf, das Brett zu zerstören.

Mittags um 12:45 Uhr mache ich mich auf den Weg, einen der Jungs von der Schule zu holen. Ich darf zwar keine Lieblinge haben und ich versuche, das auch niemanden spüren zu lassen, aber er gehört schon dazu. 😉 Eigentlich habe ich immer Spaß mit ihm auf dem Heimweg und wenn ich ihn abhole, empfängt er mich mit einem fetten Grinsen. Oder er versucht mich zu veräppeln, dass er schlecht drauf wäre und lacht dann los, wenn ich einmal wirklich besorgt nachfrage, was falsch ist. Anfänglich hat er sich noch darüber lustig gemacht, wenn ich ein Wort auf Spanisch nicht kannte, war gleichzeitig aber auch nicht der Lage, es mir mit anderen Worten zu erklären. Mittlerweile versteht er ziemlich gut, wie er mit mir reden kann, was ich verstehe oder wie er mir erläutern kann, was er meint. Er bringt mir neue Worte bei oder wir versuchen Englischvokabeln auf dem Heimweg zu trainieren. Zeitgleich passt er darauf auf, dass ich im Straßenverkehr im richtigen Moment über die Straße laufe und nimmt mich an die Hand. Kurz nachdem ich mit ihm wieder zurück im Haus bin, bringe ich einen anderen Jungen zu Fuß zur Schule.

Der Kleine ist 11 Jahre alt und ziemlich clever. Er hat in kürzester Zeit „Ene mene miste, es rappelt in der Kiste“ und die folgenden Sätze gelernt und fragt mich immer interessiert nach neuen Sachen. Insbesondere wenn ich die Möglichkeit habe, etwas Zeit alleine mit einem Kind zu verbringen, lerne ich die Jungs wirklich kennen. Auf einmal sind die wildesten Störenfriede ruhig, hören mir konzentriert zu, wenn ich ihnen Geografie oder Mathe erkläre. Einmal habe ich einem Jungen beim Rechnen geholfen. Als der Klassenraum voll war, war es kaum möglich voran zu kommen. Als der Raum sich leerte, war er auf einmal Feuer und Flamme, hat sich jedes Mal tierisch darüber gefreut, wenn er wieder eine Aufgabe gelöst hat und sich am Ende für meine Hilfe bedankt. Zwei Tage später habe ich einem anderen Kind in Mathe geholfen. Er hat ziemlich gestreikt und meinte, das wäre alles viel zu schwer. Der andere Junge dem ich zuvor geholfen habe, hat das mitbekommen und den Verweigerer zurecht gewiesen:  „Jetzt stell dich nicht so an und hör Stefan zu, der kann das wirklich gut erklären“. Wow, der Kommentar hat mich extrem gefreut und mir gezeigt, wie die Jungs die Arbeit zu schätzen wissen, die man macht. Danach hat sich der Junge auf die Aufgaben konzentriert und sie gemeinsam mit mir gelöst. 😊 

Sowas ist aber auch leider schnell wieder vergessen. Nur ein paar Tage später musste der begeisterte Mathematiker von anderen Kindern davon abgehalten werden, bei einem Wutanfall auf mich loszugehen. In einer anderen Situation ist derselbe Junge völlig ausgetickt und ist tatsächlich gegenüber einem anderen Betreuer tätlich geworden. Obwohl der Betreuer selbst super stämmig ist, hatte er seine Mühe, den 15 Jährigen irgendwie in Schach zu halten. Nach zirka 30 Minuten wurde er von einem anderen Betreuer abgelöst und der Junge im Schwitzkasten in den Raum zum Relaxen gebracht. Das war bisher die extremste Situation, die ich hier erlebt habe und das erste Mal, dass ich von den Geschehnissen etwas mitgenommen war. 1-2 Stunden später war der Junge aber wieder gut drauf und man konnte normal mit ihm reden und gemeinsam am Mittagstisch sitzen.

Einer der Jungs kurz vor dem Ausbruch ;-) Leider darf ich keine Fotos der Kinder hochladen. Also nehmen wir einfach mal die atemberaubende Aussicht auf den Vulkan Popocatépetl von einem Hausdach nur eine Straße von meinem Haus entfernt.

Ich nehme den Kids hier nichts übel und habe von meinem deutschen Vorgänger bei JUCONI schon viel erfahren, welche Situationen auf mich zukommen können und wie schnell man vom Feind zum besten Freund und wieder zum Feind für die Kids wird. Wobei Feind vermutlich die absolut falsche Bezeichnung ist. Zum Feind wird man hier nie 😉 Vielleicht eher ein Spielverderber oder ein Betreuer, der die Kids zurechtweist. Ich versuche nach wie vor meine Rolle zu finden. Ich glaube ich bekleide eine Zwischenposition zwischen Betreuern und Kumpel. Ich lasse den Jungs mehr durchgehen als so manch anderer. Auch weil ich einfach viele Sachen noch nicht ganz verstehe. Insbesondere wenn es um Beleidigungen geht oder ob es sich um Spaß oder Ernst handelt, wenn ein Junge gemobbt wird. Manchmal ist es ein Drahtseilakt, ob man jetzt lieber cooler Kumpeltyp ist, der mitmacht und drüber lacht, wenn man z.B. heraushört, dass man als „der Blonde“ bezeichnet wird, oder ob man sie ermahnt und erzieherisch drauf hinweist, wie man andere Leute mit Respekt zu behandeln hat.

Gestern haben sich die Jungs um 15 Uhr im Fernsehraum versammelt, um gemeinsam einen Film zu schauen, den wir davor für 50 Cent auf dem Schwarzmarkt gekauft haben. Das findet so einmal die Woche statt und ist eigentlich die Zeit, in der die Kids am ruhigsten sind. Wen wundert es, so eine Glotze ist ja auch faszinierend. 😉 Das ganze war dann auch irgendwie etwas besonderer als sonst, da wir eine neue Sofagarnitur bekommen haben. Die alten Sitzmöbel hatten nach 8 Jahren ausgedient. Ich war etwas überrascht über das Alter, da so ein Sofa im Heim doch etwas mehr mitmacht als in einem regulären Haushalt. Für die kommende Woche habe ich mir frei genommen um mit meiner Masterarbeit etwas schneller voran zu kommen. Soviel Zeit bleibt leider nicht mehr bis zur Abgabe Anfang Dezember. Bislang musste ich leider einige Wochenenden oder die Stunden nach der Arbeit opfern. Netterweise darf ich donnerstags und freitags schon 2 Stunden früher nach Hause, damit ich etwas mehr schaffe. Jetzt ist aber der Zeitpunkt gekommen, an dem ich mich wirklich mal ein paar Tage nur auf den Abschluss meines Studiums konzentrieren will. Bevor der Film losging habe ich den Jungs erklärt, dass ich eine Woche nicht im Haus sein werde und warum. Als ich dann mehr aus Spaß als im Ernst gefragt habe ob sie sich freuen oder traurig sind, dass ich nicht da bin, wurde mir direkt von einem der Jungs entgegnet, dass sie natürlich traurig sind. Ich war etwas überrascht, weil genau der Junge meistens eher meine Anweisungen ignoriert und einen Hang dazu hat, einen eiskalt Abprallen zu lassen. Das hat mich dann wieder gefreut und ich freu mich jetzt schon wieder in gut einer Woche zurück zu meinen Jungs ins Casa JUCONI zurückzukehren. 😊

Schwere Erdbeben erschüttern das Land

Nach nicht einmal zwei Wochen in Mexiko hat mich ein anderes Thema im wahrsten Sinne des Wortes erschüttert. Schon in den Vorbereitungsseminaren wurden wir soweit wie möglich darauf „vorbereitet“, wie man sich im Fall eines Erdbebens verhalten muss. Das Land, das sich direkt an mehreren Kontinentalplatten befindet, wird immer wieder von leichten und mittleren Erdbeben heimgesucht. Kurz vor Mitternacht am 7. September war dann alles anders. Ich hatte mich schon schlafen gelegt und gefreut, dass ich mal zeitig ins Bett komme. Auf einmal wache ich auf und mein ganzes Zimmer bewegt sich. Im Halbschlaf realisiere ich relativ schnell, dass es sich um ein Erdbeben handelt. Meine Gasteltern stehen auch schon in der Tür: „Schnapp dir eine Hose und dann raus hier“. Ich renne die Treppen herunter und habe keine Ahnung wie mir geschieht. Ich erinnere mich daran, dass die Lampen an der Decke extrem hin und hergeschwungen sind. Draußen steht schon meine Gastfamilie und die ganze Nachbarschaft im Schlafanzug oder in Decken gehüllt. Ich habe das Gefühl, ich bin der letzte, der es raus geschafft hat. Man hört überall Alarm und Sirenen und Rogelio meint direkt, dass es viel stärker war als sonst. Er sollte Recht behalten.

Schnell wurde bestätigt, dass es sich um ein Beben der Stärke 8,1 an der Küste des mexikanischen Bundesstaates Chiapas gehandelt hat. Das stärkste Beben des Landes seit 1985. Trotz der knapp 1000 km Entfernung zum Epizentrum war die extreme Stärke in Puebla wahrnehmbar. Weltweit gibt es jährlich maximal ein Erdbeben mit solch einer Intensität. Ich konnte zunächst nicht wirklich was damit anfangen und zitterte mir ohne T-Shirt in der nächtlichen Kälte einen zurecht. Nach ein paar  Minuten sagte Rogelio, ich solle rein und mir was zum Anziehen holen, mich aber beeilen: „Es kann starke Nachbeben geben. Wir müssen erst einmal draußen warten!“. Ich folgte den Anweisungen und schnappte mir noch mein Handy, um zu Hause in Deutschland Bescheid zu geben, dass ich in Ordnung bin. Nach gut 30 Minuten gingen wir wieder ins Haus und setzten uns ins Wohnzimmer, um Nachrichten zu schauen. Schnell war die Sprache von 100 Toten in den direkt angrenzenden Bundesstaaten Chiapas und Oaxaca. Alles war ein bisschen unwirklich und weit entfernt für mich, obwohl ich es selbst mitbekommen hatte. Ich konnte aber weder wirklich etwas mit der Situation anfangen, noch habe ich meine Familie oder mein gesamtes Hab und Gut hier.

Schlimmer wurde alles dann leider am 19. September. An jenem Tag wurden vor 32 Jahren bis zu 30.000 Menschen Opfer des tragischsten Erdbebens der neueren mexikanischen Geschichte. Am selben Tag wurden morgens um 11 Uhr zum Jahrestag der großen Katastrophe noch landesweit Erdbebenübungen durchgeführt. Um 13:15 Uhr Ortszeit bebte die Erde dann tatsächlich wieder. Ich saß gerade am Küchentisch im Heim und war dabei, schnell etwas zu essen, bevor ich einen der Jungs zur Schule bringe. Es dauerte ungefähr 2 Sekunden, um zu realisieren, dass es sich erneut um ein sehr starkes Erdbeben handelt. Wir rannten alle so schnell es ging raus. Ich wusste nicht genau, ob ich mich lieber selbst in Sicherheit bringen sollte oder nochmal nachschaue, ob nicht irgendein Kind fehlt. Da sich eine riesige Menge Kinder schon auf den Weg nach draußen befand, wählte ich auch den Weg die 5 Treppenstufen vor der Eingangstür herunter. Ich musste mich festhalten um nicht hinzufallen. Ein Auto, das vor dem Haus geparkt hatte, bewegte sich ohne Insassen langsam weg. Die Strommasten schwankten wie Gummi hin und her. Alles war irgendwie unwirklich. Als wenn ich wieder im Halbschlaf wäre oder betrunken alles nur vage wahrnehmen kann.

Nach knapp 40 Sekunden hörte es auf zu beben. Wir bildeten einen Kreis und nahmen andere Leute, die auf die Straße geflüchtet waren, mit zu uns auf und versuchten diese zu beruhigen. Im ersten Moment war alles nicht so schlimm für mich. Ich habe mir keine Sorgen gemacht, weil ich keine direkten Schäden gesehen habe. Vor meinen Augen ist zum Glück nichts eingestürzt oder heruntergekommen. Die meisten Telefonanbieter waren zunächst einige Zeit ausgefallen. Mein Internet funktionierte aber noch. Ich fand schnell heraus, dass sich das Epizentrum diesmal nur 50 km von uns entfernt befunden hat und es sich um ein Erdbeben der Stärke 7,1 handelte. Als die Telefonnetze sich stabilisierten, hatte ich gleich mehrere Nachfragen auf dem Handy, ob ich in Ordnung sei. Meine Gastfamilie bat mich, nach ihren Eltern und unserem Haus zu schauen. Auf dem Weg dorthin stellte ich fest, dass es keinen Strom gab. Die Ampel auf der großen Kreuzung war ausgefallen, alle Autos bahnten sich irgendwie kreuz und quer ihren Weg über die Straße. Die Eltern von Rogelio waren durch den Stromausfall nicht über das Festnetz erreichbar und ziemlich froh, mich zu sehen. Mit meinem funktionierenden Handy konnten wir schnell den Kontakt zu verschiedenen Familienmitgliedern herstellen. Alle waren zum Glück in Sicherheit und wohlauf. Schnell merkte ich, wie nah die Situationen allen Beteiligten ging. Ich habe fremde Menschen umarmt und beruhigt. Die Hunde waren außer sich, als ich nach Hause kam und haben mich so sehr abgeschleckt wie noch nie. Bis auf Bücher, die aus Regalen gefallen und dem ein oder anderen Gegenstand, der umgekippt war, blieb unser Haus weitestgehend unversehrt. Zu dem Zeitpunkt waren mir das Ausmaß und die Folgen des Bebens im Land noch nicht bekannt. In Puebla, aber vor allem in kleineren Dörfern und in Mexiko-Stadt sind zahlreiche Häuser, Kirchen und auch Schulen eingestürzt oder so sehr beschädigt, dass sie nicht mehr benutzt werden können. 

einsturzgefährdetes Haus
In den Tagen nach den Beben nahm man langsam aber sicher wahr, in welcher Situation man sich hier eigentlich befindet. Nach und nach stieg die Zahl der Toten, die über die Medien vermittelt wurde. Am Ende sollte sie bei über 300 Menschen liegen. Wenn man durch die Stadt fährt, sieht man zahlreiche Absperrungen an Gebäuden, die Schaden genommen haben. Häuser müssen durch riesige Pfeiler abgestützt werden. Hochhäuser sind augenscheinlich geräumt, da sie mit Rissen übersäht und nicht mehr sicher sind. Eine andere deutsche Freiwillige muss mit ihrer Familie umziehen, da das Haus einsturzgefährdet ist. Ich erfahre, dass Freunde von meinen mexikanischen Bekannten, die ich in Südkorea kennen gelernt habe, bei dem Erdbeben ums Leben gekommen sind. Die Mutter meines Gastvaters bricht in Tränen aus, als ich sie Tage nach dem Beben auf die Geschehnisse anspreche. Mit bebender Stimme sagt sie: „¡Tengo miedo!“ - Ich habe Angst. Immer mehr fange ich an zu begreifen, was hier abgeht und ich bekomme jedes Mal Gänsehaut, wenn ich die Nachrichten lese oder Videos der Katastrophe sehe und bin den Tränen nahe. Der Alltag ist gestört, jeder redet vom Beben, Tage lang und es macht die Sache nicht einfacher. 

zerstörte Mauer des Hauses
Die Leute fangen aber auch an sich in einem enormen Ausmaß zu solidarisieren. Es wird Wasser, Kleidung, Hygieneartikel und Nahrung in den betroffenen Gebieten benötigt. Am Tag nach dem Erdbeben setze ich mich mit Rogelio ins Auto und wir fahren nach Atlixco, ca. 45 Minuten von Puebla entfernt. Hier soll am meisten Hilfe benötigt werden. Dort angekommen, erfahren wir, dass bereits unzählige Helfer vor Ort sind und wir lieber im noch kleineren Metepec helfen sollen. Also fahren wir dort hin. Helfer vor Ort nehmen unsere gekauften Hilfsgüter in Empfang und verteilen Sie an die Bewohner des Dorfes. Andere Einheiten koordinieren die Helfer, teilen sie in Gruppen, die von einer Person angeführt werden. Unser 10-köpfiges Team macht sich auf, um das eingestürzte Dach eines Hauses abzutragen und dem Bewohner soweit zu helfen, dass er die kommenden Tage alleine weiter die Schäden beseitigen kann. In der Folge schlafe ich nicht gut. Noch immer halte ich kurz die Luft an, wenn ich nur kleinere Vibrationen in Gebäuden oder draußen wahrnehme. Häufiger wache ich auf und denke, es ereignet sich grade wieder ein Erdbeben, weil durch meine Bewegungen und meinen Herzschlag das Bett leicht vibriert. Ich nehme mein Handy und schaue, ob ich mich täusche oder ob es sich um ein leichteres Erdbeben handelt.

Wir tragen das eingestürzte Dach Stück für Stück ab.
Am 23. September habe ich wieder das Gefühl, das die Erde bebt. Ich halte es aber für mein „Trauma“, bis ich von meinen Gasteltern höre, dass es wieder ein Beben war. Die Stärke von 6,1 nimmt man auf einmal in solchen Tagen etwas gelassener hin. Mittlerweile ist es ruhiger geworden. Die Schäden und ein ungutes Gefühl bleiben aber. Eine Auszeit oder Saison für Erdbeben gibt es leider nicht. Meine Erdbeben-App auf dem Handy meldet mir fast täglich leichte und mittlere Erdbeben in den Küstenregionen Mexikos. Die nimmt man hier zum Glück aber eher nicht wahr. Meine Gastfamilie trifft sich regelmäßig mit Freunden, um Hilfe für die Opfer zu organisieren. Besonders in den Dörfern sind die Menschen nachhaltig betroffen. Sie haben kein Geld und kein Wissen, um sich neue, erdbebensichere Häuser zu bauen. Auch in Mexiko-Stadt sind ganze Gebiete eingestürzt und die Leute sitzen mehr oder weniger auf der Straße. Die Schulen und Universitäten blieben nach den Erdbeben in den betroffenen Gebieten über eine Woche geschlossen. Einsatzkräfte und Statiker untersuchten Gebäude auf Risse und Schäden. Unser Kinderheim hat auch Risse davongetragen. Laut Gutachter sind diese aber nicht weiter gefährlich. Hoffen wir es. 

Alles in allem sind es etwas extreme Erfahrungen, die ich hier gleich zu Beginn in Mexiko mache. Das makabere an der ganzen Situation ist aber auch, dass man durch die Vorkommnisse extrem viel lernt und mitnimmt. Aus anfänglicher Unwissenheit und meinen ersten Erdbeben, dass ich im Leben gespürt habe, wurde schnell Anteilnahme. Ich habe Wissen und Erfahrungen über Erdbeben und ihre möglichen Folgen gesammelt und über politische Unzulänglichkeiten, aber auch teilweise funktionierende Notfallpläne erfahren. Insgesamt müsst ihr euch aber um mich nicht sorgen. Mir geht es gut und ich genieße meine Zeit hier total. 😊
Vielen Dank fürs Lesen und sorry, dass es etwas lang geworden ist 😃 Dafür habe ich die ersten Wochen ja auch noch nichts von mir hören lassen und wollte euch daher mal zu Beginn einen etwas umfassenderen Eindruck übermitteln. Ich könnte, glaube ich, noch vieles weiteres schreiben, über Ausflüge oder Geschichten aus dem Kinderheim. Aber ich bin ja auch noch ein paar Tage hier, vielleicht picke ich dann mal die Highlights zu einem späteren Zeitpunkt heraus. 😉 Und wie gesagt. Ich bin weiterhin auf Spenden angewiesen und freue mich irrsinnig über jede weitere Unterstützung für meine Arbeit bei JUCONI und meine Erfahrungen in Mexiko 😊

Viele Grüße aus dem fernen Puebla!
Euer Stefan


Montag, 30. Januar 2017

Mein Weg nach Mexiko

For an English Version, please scroll down or click here.
 
           


Leeeeeuuuteee, ich muss euch etwas sagen: 😱😍

Ab kommenden Sommer werde ich in Puebla, Mexiko leben und in einem Straßenkinderprojekt als Freiwilliger arbeiten. Für ein Jahr lang werde ich dabei Teil der Non-Profit-Organisation JUCONI sein. Diese befasst sich mit jungen Menschen, die aus extrem armen Familienverhältnissen stammen und oftmals Gewalt sowie Missbrauch erfahren haben. Die Kinder sind stark von ihren Erlebnissen traumatisiert. Dies zehrt an ihrer mentalen und physischen Verfassung: viele Kinder sind nicht mehr in der Lage, ihre Emotionen zu kontrollieren und rational zu handeln, was wiederum in Gewalt gegenüber anderen mündet. Diese Kinder enden oft als Straßenkinder, wodurch sie noch weiter von der Gesellschaft ausgeschlossen werden. JUCONI setzt sich dafür ein, diese Abwärtsspirale zu durchbrechen. Die selbsternannte Aufgabe ist, diese jungen Menschen zu resozialisieren und in die Gesellschaft zu reintegrieren. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf den Kindern selbst, sondern auch auf den Familien, den Schulen die sie besuchen und der Gemeinschaft, die sie umgibt. Ziel ist es, eine gesunde Umgebung sowie Perspektiven für die Kinder von Puebla zu schaffen und ihnen damit eine Chance auf ein erfülltes Leben zu ermöglichen.

Ich bin extrem froh darüber, dass mich das Deutsche Rote Kreuz für mein favorisiertes Projekt ausgewählt hat und gespannt auf diese Herausforderung. Bis zur Abreise ist es aber noch ein langer Weg und noch ziemlich viel zu tun. Eine der Bedingungen für das Projekt ist das Sammeln von Spenden. Mein Vorhaben wird dabei durch das "weltwärts"-Programm unterstützt. Das bedeutet, dass 75% der Kosten durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung übernommen werden. Für die Restsumme von 2.400 € (also 200 € pro Monat) möchte ich deshalb hier einen Spendenaufruf starten. Das ist schon eine Menge Geld, aber ich bin ziemlich optimistisch, dass ich mit eurer Hilfe meinen Traum erfüllen kann. Euer Support wäre eine super tolle Geste und ich werde mich vermutlich in jeden verlieben, der mich mit einer Spende unterstützt. Ihr solltet euch diese Chance also nicht entgehen lassen 😉 Bitte klickt den Blog nicht einfach weg in der Hoffnung, dass jemand anderes schon helfen wird. 😄 Schaut bitte, ob ihr nicht einen kleinen Beitrag leisten und mich und das Projekt somit unterstützen könnt. Von Zeit zu Zeit wird es über meinen Blog neue Informationen geben. Ich freu mich also über jeden, der mir folgt und sich für MyMexperience interessiert. 💖

Spendenkonto:
DRK-Landesverband
Badisches Rotes Kreuz e.V.

Sparkasse Freiburg
IBAN: DE75680501010013141516
BIC: FRSPDE66XXX

Verwendungszweck:
Spende Projekt ww1705
Ggf. Ihre Adresse

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Mittwoch, 25. Januar 2017

My way to Mexico


           

Guess whaaaaat? 😱😍 This summer, I have the opportunity to go to Puebla, Mexico for a whole year to volunteer with a project that supports street children. I will be part of the nonprofit organization JUCONI, which cares for marginalized groups of young people who have experienced a lot of violence and abuse. These youths are traumatised by their experiences, which has worn out their mental and physical condition. As a result, many are not able anymore to control their emotions and act rationally, resulting in violence towards others. Many of these kids end up on the streets, isolating them even more. To break this cycle, JUCONI works hard to rehabilitate them and to reintegrate them in society. The focus does not lie solely on the kids, but also on their families, their communities and the schools they visit. The aim is to create a healthy environment and provide better prospects for the youths of Puebla to give them the chance of a fullfilled life.

I’m super excited about this opportunity, but there’s lots of work to do for me to put this plan into practice. One big issue is the funding. The German Red Cross and the weltwärts programme by the Federal Ministry for Economic Cooperation and Development has agreed to support me with 75% of the total costs. However, they have also asked me to collect an additional amount of 2.400€ (i.e. 200€ per month) via donations. While this sounds like a lot of money, I feel confident that I will be able to pull off my dream with your help. Your support would be an amazing gesture and I will probably fall in LOVE with everyone who makes a donation, so don’t miss your chance. 😉 Please don’t just close this tab and hope that others will help 😄 Check if you can afford a small amount of money for this project. Every little bit helps. From time to time I will release new information via this blog, so please keep in touch and look forward to many exciting tales from my Mexperience! 💖

Account for donations:
DRK-Landesverband
Badisches Rotes Kreuz e.V.

Bank name: Sparkasse Freiburg
IBAN: DE75680501010013141516
BIC: FRSPDE66XXX

Reason of payment:
Spende Projekt ww1705
Your Address (if you need a donation receipt)


The amount covers expenses for an entire year and roughly it splits into three parts:
First of all, living expenses: It covers the flights, insurance, support for the guest family who provide me with accommodation and food, plus 100€ monthly pocket money for miscellaneous expenses.
Second, to cover the educational costs of the host organization JUCONI. They will teach me how to work with street children: How to make first contact, therapeutical training, didactic methods, etc.
Third, before the start of my trip, I will attend a two weeks seminar by the German Red Cross to prepare for my time as a volunteer.

The weltwärts programme is government funded and covers 75% of the total costs of every volunteer they send. By collecting the missing 2.400€ through donations, the idea is to bring attention to the great work of JUCONI in Puebla, to the work of volunteers and to the weltwärts programme.

Not included in the amount are all my personal expenses, as well as the VISA, which will cost another 200€. This I have to pay by myself. Also, the donations go directly to the German Red Cross,
so even if I wanted to run away to Las Vegas with the money, I couldn't. 😉